Ausstellungsraum mit großer Leinwand, auf der ein Video Still in schwarzweiß von einer jungen blonden Frau zu sehen ist. Teresa Hubbard/Alexander Birchler, Sammlung Goetz München
Bayerische Akademie der Schönen Künste

Flora. Teresa Hubbard/Alexander Birchler

Anlässlich der Biennale in Venedig 2017 präsentierte das Künstlerpaar Teresa Hubbard/Alexander Birchler die doppelseitige Filminstallation Flora und die dazugehörige Arbeit Bust im Schweizer Pavillon. Die Arbeit basiert auf ihren Entdeckungen über das Leben der amerikanischen Künstlerin Flora Mayo, die in den 1920er Jahren eine Liebesaffäre mit dem Schweizer Bildhauer Alberto Giacometti hatte. Er wurde einer der berühmtesten Künstler des 20. Jahrhunderts, während Mayos Werk zerstört ist und von ihrer Biografie nicht mehr als eine Fußnote in den Studien über Giacometti übrig blieb. Die Sammlung Goetz präsentiert die Installation in einer Ausstellung in den Räumen der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.
 

Flora Mayo wird erstmals öffentlich in der meistverkauften Publikation Giacometti: A Biography, 1985 von James Lord in einer herablassenden und sexistischen Weise erwähnt. In dem Buch ist auch eine Schwarz-Weiß-Fotografie von Mayo und Giacometti von circa 1927 abgebildet. Sie zeigt die beiden Künstler*innen in ihren zwanziger Jahren links und rechts neben einem Büstenporträt, das Mayo von Giacometti gemacht hatte. Die Fotografie des Paares faszinierte Hubbard/Birchler, sodass sie sich auf die Suche quer durch Europa und die Vereinigten Staaten begaben, um mehr über Flora Mayo zu erfahren und was ihr zugestoßen war. Bei ihren Recherchen entdeckten sie David Mayo, Floras Sohn, der einzige ihrer Kinder, der noch lebte und in der Nähe von Los Angeles wohnt. Die Arbeit Bust von Hubbard/Birchler entstand in Bezug auf die verloren gegangene Schwarz-Weiß-Fotografie und besteht aus einer Reproduktion des Bildes und der Rekonstruktion von Mayos zerstörter Skulptur.

Hubbard/Birchler erwecken Flora Mayos fesselnde Biografie aus einer feministischen Perspektive zum Leben, indem sie Rekonstruktion, Nachstellung und Dokumentation zu einer vielschichtigen Form des Geschichtenerzählens verknüpfen. Jede Seite der 2-Kanal-Installation Flora eröffnet eine andere Perspektive, obwohl sie sich dieselbe Tonspur teilen. Die Arbeit ist aufgebaut als ein fiktiver Dialog zwischen Flora Mayo, vertreten durch Auszüge aus ihren unveröffentlichten Briefen, und ihrem Sohn David, der nur wenig über die künstlerische Vergangenheit seiner Mutter wusste. So entwickelt sich in Flora ein vielschichtiger Dialog zwischen Mutter und Sohn, Mayo und Giacometti, Paris und Los Angeles, sowie Vergangenheit und Gegenwart.

Die irische, amerikanische und schweizerische Künstlerin Teresa Hubbard und der schweizerische Künstler Alexander Birchler arbeiten seit 1990 zusammen. In ihren narrativen Filminstallationen, Fotografien und Skulpturen beschreiten sie Grenzbereiche zwischen Realität und Fiktion, in die Erinnerungen, Wunschvorstellungen und biografische Erlebnisse mit einfließen. Die Sammlung Goetz, die bereits zentrale Arbeiten des Künstlerpaares wie die Trilogie Gregor‘s Room (1998/99), Single Wide (2002), Eight (2001) / Eighteen (2013) sowie House with Pool (2004) besitzt, hat die Entstehung von Flora schon früh gefördert. Sowohl Flora (2017) als auch Bust (2017) sind nun im Besitz der Sammlung Goetz.

Kuratiert von Susanne Touw

Mit Unterstützung von Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung

Flora. Teresa Hubbard/Alexander Birchler

144 S., 100 Abb., Hardcover
Deutsch/Englisch
2019, Hatje Cantz Verlag, Berlin
ISBN 978-3-7757-4564-2
€ 26,00

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